Ablauf einer Regentschaft als Prinzenpaar im Nickenicher Karneval

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Bewerbung

Vor der Gründung des NCV 1959 stellten verschiedene Vereine das Prinzenpaar: der VdK, der Schützen-, der Kolping- und der Männergesangverein. Aufgrund der damaligen armen wirtschaftlichen Lage (die meisten Einwohner waren Landwirte) konnten es sich nur wenige Nickenicher leisten, das Prinzenamt auszuüben, wobei vor dem 2. Weltkrieg die meisten Prinzen noch ohne Prinzessin regierten. Der Männergesangverein z. B. rief hierzu eine Versammlungen ein, bei der die Regenten gewählt wurden. Heute ist das potenzielle Prinzenpaar/Dreigestirn zumeist Mitglied im NCV, verpflichtend ist dies jedoch nicht. So gab es in den letzten Jahrzehnten immer wieder zumindest einzelne Hofstaatsmitglieder, die keine NCV Mitglieder waren. Zeitweise stellten auch andere Vereine das Prinzenpaar/Dreigestirn in Zusammenarbeit mit dem NCV, welcher die Kampagne organisierte. In der Regel beschließt das Paar (in den meisten Fällen ein Ehepaar) bzw. das Dreigestirn 1-2 Jahre vor seiner Regentschaft, sich beim Vorstand des NCV für das Amt zu bewerben. Da es oft mehrere Bewerber für das Amt gibt, wählt nun der Vorstand laut Vereinssatzung das Prinzenpaar/Dreigestirn für 2 (bis 1966 nur für 1 Jahr) Jahre mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Vorstandsmitglieder. Somit beginnt alles.  

Hofstaat

Den Hofstaat darf das Prinzenpaar/Dreigestirn laut NCV Satzung selbst aussuchen, er muss aber mindestens aus dem Finanzminister/Schatzmeister und dem Propagandaminister/Kanzler bestehen. In der Regel sind die Frauen der Minister als Hofdamen mit von der Partie. Der Finanzminister/Schatzmeister kümmert sich vor allem um die Geldgeschäfte, der Propagandaminister/Kanzler kündigt das Prinzenpaar an und liest das närrische Protokoll vor. Er ist keineswegs eine Parodie auf den Propagandaminister der Nazis, sondern einfach nur eine lustige Bezeichnung für eben jenen, der Werbung also Propaganda für Prinzenpaar und Hofstaat macht. Im amtierenden Dreigestirn 2025/2026 wird dieses Amt vom Kanzler übernommen. Die Hofdamen sorgen für das Wohl der Prinzessin und helfen ihr z.B. auf der Toilette, mit dem Kleid usw. Während die beiden Minister in fast jedem Hofstaat vertreten waren, wurde vor dem 2.  Weltkrieg auf die Prinzessin (außer 1939) und die Hofdamen verzichtet. Auch in den 50ern und frühen 60ern waren nicht immer Hofdamen im Gefolge. Seit 1962 gehören aber jedem Hofstaat 2 Hofdamen an (ausgenommen bei den Dreigestirnen 1993/94 und 2025/26). Manchmal gibt es noch weitere Mitglieder wie Pagen, Prinzenführer, Kurier, Haus- und Hoffotograf, Mundschenk, Hofnarr, Junker, Hofmarschall… Der Hofnarr war vor dem 2. Weltkrieg in jedem Hofstaat dabei, verschwand dann aber bis auf eine Ausnahme 1993/94 nach 1962. Die ersten Pagen gab es Ende der 50er und Anfang der 60er, sie waren deutlich älter als ihre Nachfolger um die Jahrtausendwende. Zwischen 1961 und 1999 und nach 2005/06 gab bzw. gibt es zudem keine Pagen mehr. Der Mundschenk kam viermal, Prinzenführer wie auch der Hofmarschall zweimal vor. Kurier, Haus- und Hoffotograf  sowie Junker waren nur einmal im Hofstaat zu finden. Meistens sind die Hofstaatsmitglieder Verwandte oder gute Freunde des Prinzenpaares/Dreigestirns oder auch verdiente NCV Mitglieder. Oft beschließen sie auch von Anfang an sich mit dem Prinzenpaar/Dreigestirn beim Vorstand zu bewerben. Je nach Größe des Hofstaates und besonders seit es seit ein paar Jahren immer mehr Termine auch außerhalb Nickenichs gibt, werden noch ein oder mehrere Fahrer samt Autos benötigt, um sicher von Termin zu Termin zu kommen. Laut Satzung darf der Prinz auch persönliche Ernennungen vornehmen, so ernannte Prinz Heinrich III. verschieden Karnevalisten z.B. zum Hofarchitekten. Allerdings darf er keine NCV Mitglieder befördern oder in den Vorstand/Elferrat berufen, die persönlichen Ernennungen sind rein repräsentativ. Der Prinz wird mit „Seine Tollität“, die Prinzessin mit „Ihre Lieblichkeit“ angesprochen. Nun zu den Kostümen. Der Prinz trägt eine Narrenkappe mit 3 langen Fasanenfedern und Kaninchenfell und ein Ornat mit dem Wappen Nickenichs auf der Brust. Früher trugen manche Prinzen statt des Ornats einen Smoking. Die Prinzessin trägt ebenfalls ein Ornat oder aber früher ein langes Abendkleid, dazu ein Diadem oder ein Krönchen. Die Farben dieser Tracht sind meist gemäß den Vereinsfarben blau-gelb, es gab aber auch schon Prinzenpaare in roter Uniform. Die Minister trugen früher einen Smoking mit Narrenkappe (mit Kaninchenfell, manchmal auch mit einer oder mehrerer Fasanenfeder(n)) oder Zylinder, heute eher eine Uniform mit Heroldkappe, Hut oder Dreispitz, die an das Ornat angepasst ist. Die Hofdamen tragen ein langes dem Ornat der Prinzessin entsprechendes Kleid ohne Kopfschmuck (in den 70ern und 80ern aber eine kleine Narrenkappe). Die Pagen tragen den Ministern ähnliche Uniformen mit Heroldkappen. Früher trugen sie eine Gardeuniform mit Narrenkappe. Die Hofnarren trugen ein entsprechendes Hofnarrenkostüm mit Hofnarren- oder Heroldkappe. Die übrigen männlichen Hofstaatsmitglieder trugen ein den Ministern entsprechendes Kostüm, die Junker eine Art Musketier Kostüm. Beim Einmarsch in einen Saal betreten zunächst die Hofdamen den Raum, dann folgt der Finanzminister, Propagandaminister, Prinzessin und zum Schluss der Prinz. Falls sie dabei sind, marschieren die Pagen an der Spitze vor den Hofdamen und die restlichen männlichen Hofstaatsmitglieder wie z.B. der Mundschenk reihen sich zwischen Hofdamen und Finanzminister ein. Nachdem der Prinz und die Prinzessin einige Worte gesprochen und der Propagandaminister die närrischen Gesetze vorgelesen hat, singt der Hofstaat seit einigen Jahren ein bekanntes karnevalistisch umgetextetes Lied, das Prinzenlied.                               In der Öffentlichkeit sei es in den Sälen oder auf den Straßen, sollte sich der gesamte Hofstaat an die Regeln der Höflichkeit, der Sitte und des Anstandes halten.

Prinzenorden und Beinamen

Den Prinzenorden entwirft das Prinzenpaar selbst, er enthält oft Symbole über die Herkunft des Paares, ihren Beruf oder ihre karnevalistischen Tätigkeiten. Er wird an verdiente Karnevalisten aber auch an Vertreter aus Politik, Kirche und Wirtschaft verliehen. Einen Beinamen erhält jedes Mitglied des Hofstaates (außer den Pagen). Sie sagen ebenfalls etwas über die Herkunft, den Beruf oder die karnevalistischen Tätigkeiten des Trägers aus.    

Zepter und Gemeindeschlüssel

Als Insignien seiner Macht erhält der Prinz ein Zepter, welches schon seit den 60ern von Prinz zu Prinz weitergereicht wird. Es ist in den Vereinsfarben blau-gelb gehalten, an seinem Ende findet sich ein „Narrenkopf“ mit gelbem Gesicht, roten Backen und einer blauen Mütze. Den Schlüssel erhält der Prinz vom Ortsbürgermeister, er ist silbern und viel größer als ein normaler Schlüssel und soll symbolisch die Macht darstellen, die nun vom Bürgermeister auf den Prinzen übergeht. Zepter und Gemeindeschlüssel werden meistens bei der Proklamation übergeben  

Das Prinzenpalais

Hier wohnt das Prinzenpaar, zu Erkennung wird ein einem mittelalterlichen Burgtor nachempfundenen Tor aus Pappe aufgestellt, manchmal werden auch die Häuser der Minister und Hofdamen entsprechend geschmückt. Besonders in den 60ern hatten viele Prinzenpaare ihr Prinzenpalais im Leyenscher Hof (heute Raiffeisenbank).  

Proklamation   

                       Hier werden Prinzenpaar und Hofstaat erstmals der Bevölkerung vorgestellt. Vorher werden die Namen konsequent geheim gehalten, so dass z.B. nicht mal die Gestalter der Internetseite des Prinzenpaares Bescheid wissen. In den 30ern und 50ern wurden die Prinzenpaare auf speziellen Proklamationsbällen oder der Damensitzung des Männerchores Rheingold bzw. des Männergesangvereins u.a. in den Sälen Zur Post und Masberg den Narren präsentiert, Anfang der 60er wurden sie dann zunächst auf der Kappensitzung proklamiert, ab Mitte der 60er auf einer extra Proklamationssitzung eine Woche vor der Kappensitzung oder aber auch auf der Kappensitzung selbst wieder. Danach fand die Proklamation bis in die 80er auf dem Dorfplatz mittags vor der 1. Kappensitzung statt. Seit Anfang der 90er wird die Proklamation in der Pellenzhalle immer Anfang November veranstaltet. Dargeboten wird zusätzlich ein kleines Showprogramm aus Vorträgen, Musik und Tanzgruppen.

Prinzenessen

Zum Prinzessen laden das Prinzenpaar samt Hofstaat die führenden Nickenicher Karnevalisten, Vertreter aus Politik, Kirche und Wirtschaft, sowie Freunde und Familie ein. Es fand früher im Pfarrzentrum, heute im Spiegelsaal der Pellenz immer ein paar Tage nach Neujahr samstags abends zu Beginn der 1. Session statt. Hierbei gibt es ein mehrgängiges Menü, wessen Kosten allein Prinzenpaar und Hofstaat tragen. Auch hier finden Vorträge, Gesang und Tänze statt. Es wird seit mindestens 1947 veranstaltet.  

Kappen- und Kindersitzung

Das Prinzenpaar bildet mit seinem Hofstaat denn Höhepunkt dieser Sitzungen, zieht am Anfang mit Elferrat und Garde auf die Bühne und hat später noch mal einen eigenen Auftritt. Es sitzt natürlich an einem speziellen Ehrentisch. Manchmal kann es vorkommen, dass z.B. bei Sketchen oder Tänzen ein oder mehrere Mitglieder des Hofstaates zum Mitmachen auf die Bühne gerufen werden. Die Kappensitzungen finden an den beiden Samstagen vor dem Karnevalswochenende, der Kinderkostümball am Karnevalssamstag (früher am Veilchendienstag) statt. Auch vor der NCV Gründung trat das Prinzenpaar bei den zahlreichen Sitzungen und Maskenbällen in den Sälen und Gaststätten auf.

Schwerdonnerstag

Den gesamten Schwerdonnerstag ist das Prinzenpaar mit Elferrat, Garde und den Möhnen im Dorf unterwegs, morgens in Schule, Kindergärten, Gemeindeb üro, Gaststätten, Banken und Geschäften und abends in der Pellenzhalle beim Möhnenball. Bereits 1935 wurde in Nickenich Altweiberfastnacht gefeiert, seit 1938 finden Möhnenbälle statt.

Gemeindenarrenempfang

Dieser Empfang wurde von der OG Nickenich 2005 ins Leben gerufen. Hierzu werden wieder führenden Nickenicher Karnevalisten, Vertreter aus Politik, Kirche und Wirtschaft geladen. Anfangs noch im Gemeindebüro eine Woche vor der 1. Kappensitzung, findet der Empfang heute am Karnevalsfreitag im Spiegelsaal der Pellenz statt, allerdings nur noch alle 2 Jahre, wenn der Zug durch Nickenich geht.    

Der Geisterzug

Dieser nur alle 2 Jahre stattfindende Zug geht am Karnevalssamstag in der Nacht lautstark durchs Dorf, die Teilnehmer sind als Geister verkleidet. Er stattet unter anderem dem Haus des  Prinzenpaares einen Besuch ab und wird dort meistens mit Getränken und Snacks versorgt. Es gibt ihn bereits seit 1935, erfunden wurde er von einer lustigen Clique um den Bäcker Alfons Schäfer um das Dorf in Angst und Schrecken zu versetzen. Seine Bäck erei befand sich in dem Haus, wo bis vor wenigen Jahren die Bäckerei Degen zu finden war. Alle „Ur-Geister“ stammten aus dem Oberdorf, der heutigen St. Josef-Nachbarschaft. Der Zug kann somit als ältester in Nickenich angesehen werden und wurde von vielen Nachbarorten oft kopiert aber nie erreicht.

Großer Karnevalsumzug

Der größte Nickenicher Umzug geht alle 2 Jahre (früher j edes Jahr) am Karnevalssonntag durch Nickenich, das Prinzenpaar und der Hofstaat bilden mit einem Prunkwagen den Schluss und Höhepunkt des Zuges und bringen ordentlich Wurfmaterial unter die Nickenicher. Bereits seit 1935 gibt es diesen Sonntagsumzug, er bestand aber vor dem 2. Weltkrieg nur aus einer Kutsche mit dem Prinzen und der Bauerngarde, Prunkwagen und Fußgruppen sind ab Anfang den 50ern zu finden.  Anschließend tritt der Hofstaat auf dem Kostümball in der Pellenzhalle auf. Am Rosenmontag fanden früher Maskenbälle in den Sälen statt, heute gehen Prinzenpaar und Gefolge im Zug der befreundeten KG Zesse Jecke in Niederzissen mit.       

Weiteres

Neben den oben aufgeführten Termin erhält das Prinzenpaar noch weitere Einladungen, z.B. von Firmen und Vereinen (wichtige Sponsoren), Altennachmittag, Kreisnarrentreffen, Pellenzer Narrenschoppen (nur alle 3 Jahre), Karneval der KFD Frauen, regionale Prinzentreffen oder z.B. Prinzenempfänge von Lothar und Annelie Adolphy (nur in dem Jahr ohne Großen Zug) und von Helga Gouverneur. In den örtlichen Gaststätten ist es ebenso gerne gesehen. Natürlich kann man auch zusätzlich eigene Veranstaltungen durchführen (Prinzenschwimmen, -wiegen, -ball, Gottesdienst oder ein Spendenabend). Die beiden letzten Prinzenpaare Elzer und Schwarz hatten eine Homepage, auf der sie die Narren jederzeit über ihre neuesten Auftritte und alles Weitere informieren konnten.       

Beerdigung u. Heringsessen

In der Nacht von Veilchendienstag auf Aschermittwoch wird der Karneval im Restaurant Burg Klause begraben. Nachdem das Prinzenpaar mit NCV, Möhnen und allen anderen Jecken nochmal ein paar Stunden gefeiert hat, begeben sich nun alle auf eine traurige Prozession um den Dorfplatz herum. Anschließend wird der Karneval in Form einer Strohpuppe verbrannt. Ein Vertreter des NCV und der Prinz halten noch eine „Trauerrede“, dann ist der Karneval beendet. Die Narren machen sich aber noch ein paar schöne Stunden im Restaurant.  Nach der 2. Session ziehen Prinzenpaar und Hofstaat ihre Kostüme aus und feiern in Zivil weiter. Am nächsten Nachmittag also am Aschermittwoch findet zum Abschluss das Heringsessen ebenfalls in der Burgklause statt.  

Sessionseröffnung

Da die Prinzenpaare in Nickenich seit 1967 immer 2 Jahre regieren, ist natürlich die Teilnahme an der Sessionseröffnung der Möhnen Anfang November der 2. Session Pflicht. Diese findet im Pfarrsaal statt, zeitweise auch im Spiegelsaal. Die Möhnen bieten den Narren ein buntes Programm aus Liedern, Büttenreden und Tänzen an. Natürlich treten auch Prinzenpaar und Hofstaat auf. Die 2. Session läuft ähnlich wie die 1. ab, außer dass die Umzüge, der Narrenempfang, der Kostümball und das Prinzenessen ausfallen. Das gibt dem Prinzenpaar die Gelegenheit eigene Veranstaltungen durchzuführen oder weitere Einladungen auch außer Orts entgegenzunehmen.

Unterschied zum Kinderprinzenpaar 

Die Idee ein Kinderprinzenpaar zu stellen hatte Mitgründer und Vorstandsmitglied Matthias Beitzel. Die 5 Kinderprinzenpaare hatten lange nicht so viele Auftritte und aufwendige Kostüme wie das „Große Prinzenpaar“. Nur Sascha und Nicole hatten 89/90 einen Hofstaat (ähnlich wie bei den Erwachsenen mit Propaganda- und Finanzminister und 2 Hofdamen), ein Prinzenessen und traten auf den Kappensitzungen auf. Alle Kinderprinzenpaare fuhren aber in einem großen Prunkwagen im großen Sonntagszug mit und besuchten den Kinderkostümball. Sie wurden auch tatkräftig körperlich und finanziell von den erwachsenen Jecken unterstützt. Während es zu Anfang der 60er Jahre jede Session ein Kinderprinzenpaar gab, sollte es 26 Jahre dauern bis dann das vorerst letzte die Narren regierte.